Nachrichten aus dem Kreisverband

Wir müssen die Lage der Menschen in Syrien insgesamt verbessern

RedeMdB Heike Hänsel

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Der Angriff auf den UN-Hilfskonvoi in Syrien war ein schweres Kriegsverbrechen, das wir ohne Wenn und Aber verurteilen. 21 Menschen, die helfen wollten, wurden hinterrücks getötet. Bisher gibt es keine verlässlichen Beweise, wer dafür verantwortlich ist.

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)

Dass Sie von der Regierungskoalition so tun – Herr Röttgen heute Morgen im Morgenmagazin; auch Sie, Herr Annen, haben das angedeutet –, als wüssten Sie schon, wer für dieses Verbrechen verantwortlich ist, nämlich die syrischen Regierungstruppen und vor allem Russland, ist inakzeptabel und unverantwortlich.

(Beifall bei der LINKEN)

Sie übernehmen völlig einseitig die Anschuldigungen der USA und machen bereits jetzt Syrien und vor allem Russland – heute Morgen; O-Ton von Ihnen – für diesen Angriff verantwortlich. Ich fordere Sie auf: Nennen Sie uns bitte hier Ihre Beweise! Nennen Sie uns die Belege! Sie wissen anscheinend mehr als die UNO und die NATO zusammen. NATO-Generalsekretär Stoltenberg selbst hat gesagt: Ich spekuliere nicht. Wir wissen nicht, wer dafür verantwortlich ist.

(Dr. Johann Wadephul [CDU/CSU]: Weil nicht sein kann, was nicht sein darf!)

Wir wissen bisher, Herr Annen, noch nicht einmal genau, ob der Angriff aus der Luft kam. Aber Sie wissen anscheinend schon, wer es war. Der Rote Halbmond hat nämlich die Feststellung, dass der Angriff aus der Luft gekommen sei, zurückgenommen. Es ist nicht klar, was vor Ort passiert ist. Mit Ihrer Voreingenommenheit, vor allem der von Herrn Röttgen, sind Sie ein Teil des Problems und nicht der Lösung.

(Beifall bei der LINKEN – Lachen bei der CDU/CSU)

Es gibt keine gesicherten Informationen, nur gegenseitige Beschuldigungen. Die USA beschuldigen Russland, Russland wiederum gibt an, in der Nähe des Konvois hätte sich eine US-Kampfdrohne befunden.

(Jürgen Hardt [CDU/CSU]: Wie lösen wir denn jetzt das Problem?)

Es ist eine unübersichtliche Gemengelage. In dieser Situation jetzt die Forderung nach einer Flugverbotszone aufzustellen, wie es Minister Steinmeier getan hat, die Sie, Herr Annen, hier wiederholen, lehnen wir kategorisch ab.

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)

Flugverbotszone heißt: noch mehr Krieg und noch mehr Tote. Das haben wir leidvoll in Libyen erlebt.

(Dr. Johann Wadephul [CDU/CSU]: Weiter mit dem Bombardieren? Fassbomben?)

Wir haben es erlebt mit Zehntausenden Toten in Libyen. Das wird den Krieg verschärfen, und Sie riskieren real – wer soll denn die Flugverbotszone durchsetzen? – ein Aufeinandertreffen von US-amerikanischen und russischen Flugzeugen. Das wäre ein total großer Krieg. Das ist unverantwortlich. Wir lehnen solche Forderungen ab.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir unterstützen die Initiative der Vereinten Nationen und Russlands für eine internationale, unabhängige Untersuchung dieses Kriegsverbrechens. Wir fordern die Bundesregierung auf – hier könnten Sie einen konstruktiven, aufklärerischen Beitrag leisten –, dass sie ihre Informationen, die sie über die Region hat, veröffentlicht, sowohl Geheimdienstinformationen als auch Aufklärungsdaten der in Syrien im Einsatz befindlichen Tornados. Das wäre ein erster Schritt, um zu mehr Aufklärung beizutragen.

(Beifall bei der LINKEN)

Entscheidend ist aber für die Menschen in Syrien, dass die humanitäre Hilfe für die Menschen in den eingeschlossenen Gebieten so schnell wie möglich wiederaufgenommen wird. Das betrifft sowohl Gebiete, die von islamistischen Terrorgruppen eingeschlossen sind, als auch den Osten Aleppos, der von der syrischen Armee abgeriegelt ist. Hier braucht es die Verhandlungen, um den Zugang zu allen zu organisieren.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir brauchen außerdem eine möglichst schnelle Wiederbelebung der Waffenruhe. Dazu gibt es keine Alternative; denn dieses Verbrechen ist ja nach dem Ende der Waffenruhe passiert. Übrigens gab es während der Waffenruhe – das wissen wir auch; das haben Sie nicht erwähnt – einen angeblichen US-Angriff auf die Stellungen der syrischen Armee.

(Jürgen Hardt [CDU/CSU]: Das hat er erwähnt, aber haben Sie nicht gehört!)

Auch das ist natürlich eine Katastrophe und ein Verbrechen und hat dazu geführt, dass die Waffenruhe aufgekündigt wurde. Der Druck muss jetzt auf alle Akteure vor Ort erhöht werden, damit eine Waffenruhe auch hält. Da ist Russland gefragt mit Druck auf Assad, und da sind die USA und ihre Verbündeten gefragt, dass sie endlich Druck ausüben auf islamistische Terrorgruppen, die sie teilweise nach wie vor unterstützen, wie zum Beispiel Ahrar al-Scham, und die sich erklärtermaßen nicht an die Waffenruhe gehalten haben. Hier würde ich mir auch vonder Bundesregierung wünschen, dass sie endlich Ahrar al-Scham als Terrorgruppe einstuft und dass es hier keine zweifelhaften Positionen gibt.

(Beifall bei der LINKEN)

Benennen Sie endlich islamistischen Terror als das, was er ist, und üben Sie Druck aus auf Ihre Partner, auf die Türkei und auf Saudi-Arabien, dass sie diese Gruppen nicht länger unterstützen! Sie dürfen diese Gruppen nicht länger unterstützen. Sie haben sehr viel Einfluss auf die Türkei und auf Saudi-Arabien. Wir setzen uns auch dafür ein, dass endlich auch die Menschen im Norden Syriens, in Rojava, Zugang zu Hilfslieferungen bekommen. Auch sie brauchen unsere Unterstützung, und die Türkei muss den Krieg gegen die kurdische Bevölkerung beenden. Das Menschenrecht auf Frieden ist nämlich unteilbar.

(Beifall bei der LINKEN)