Nachrichten aus dem Kreisverband

Kommunen sind systemrelevant

Bernhard Strasdeit, Kreisrat

Die Haushaltslage der Kommunen und Kreise hat sich massiv verschlechtert. Bei Kitas, Schulen, Kultur, öffentlichem Verkehr und Pflege schlägt Corona besonders hart auf. Letzte Woche war ich bei Gesprächen dabei, die die Bundestagsabgeordnete der Linken Heike Hänsel mit den Bürgermeistern im Kreis Tübingen führte. Die Botschaften aus den Rathäusern lauten: Einnahmen brechen weg, die Sozialkosten werden steigen. Land und Bund müssen drauflegen, wenn die Kommunen als Konjunkturmotor handlungsfähig bleiben sollen. Bisherige Liquiditätshilfen dürfen nicht verrechnet werden mit kommunalen Zuweisungen.

Die Linke will, dass nicht die Kommunen und nicht die Schwächsten in der Gesellschaft die Krise bezahlen müssen. Sozialpolitische Handlungsspielräume im Kreishaushalt wollen wir erhalten. Die 1101 Kommunen in Baden-Württemberg sind „systemrelevant“ und nicht weniger wichtig als die Lufthansa mit ihrer raffgierigen Aktionärsstruktur.

Auf unsere Initiative hat der Kreistag einer Resolution zugestimmt, die einen finanziellen Schutzschirm für Kommunen fordert sowie die Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung. Diese ist das Fundament der Demokratie. Die Pandemie hat die gesamte Wirtschaft über Monate zum Erlahmen gebracht. Millionen Menschen wurden in Kurzarbeit geschickt. Jede/r vierte Beschäftigte hat Gehaltseinbußen. Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen mit Niedrigeinkommen, Familien mit Kindern, Kleingewerbetreibende und Soloselbstständige sind die Hauptverlierer. Und die Gewinner?

Im Windschatten der staatlichen Konjunkturprogramme schütten deutsche Konzerne Milliardenbeträge an Großaktionäre aus. Das Vermögen von Amazon-Chef Bezos stieg um 34 Milliarden US-Dollar. Ich fände gut, wenn die kommunalen Verbände mit den Gewerkschaften und mit der IHK Druck machen, dass die Tarifbindung für Beschäftigte wieder zur festen Norm wird und dass sich Milliardäre mit Sondersteuern aktiv an der Überwindung dieser Krise beteiligen dürfen.

Noch eine gute Nachricht aus dem Kreistag: Nach Rottenburg und Tübingen ist auch der Kreis Tübingen dem Bündnis „Sichere Häfen“ für Geflüchtete in Not beigetreten. Der Beschluss kam mit knapper Mehrheit auf interfraktionellen Antrag zustande. Wir hoffen, dass es nicht beim symbolischen Akt bleibt, sondern Unterstützung für die Menschen folgt.