Nachrichten aus dem Kreisverband

Haushaltsrede Gemeinderat Rottenburg

Sehr geehrter Herr Vorsitzender, werte Kolleginnen und Kollegen!

Unsere Haushaltsrede steht dieses Jahr unter dem Motto „Rottenburg fit für die Zukunft machen“. Die ge¬planten Investitionen von 104 Mio. Euro für die nächsten drei Jahre zeigen, dass die Verwaltungsspitze lernfähig und die Zeit der blindwütigen Sparhaushalte vorbei ist. Nach langen Vorstößen haben wir deut-liche Fortschritte beim preiswerten Mietwohnungsbau mit Gründung der kommunalen WBR, bei den Grund¬schulneubauten, der Stadtbibliothek und der Planung der VHS gemacht. Erste Schritte gibt es, Bau-land der Spekulation zu entziehen und dadurch die Stadtentwicklung besser zu planen.

All dies begrüßen wir ausdrücklich und freuen uns, dass viele Vorschläge von uns wie z.B. der Ausbau der Kinderbetreuung südlich des Neckars Gehör gefunden haben. Denn insgesamt stellt uns das Bevölke-rungswachstum vor Herausforderungen einer nachhaltigen Entwicklung für unsere Stadt. Wir brauchen weiterhin eine Aufbruchstimmung für Wohnungsbau, damit kinderreiche Familien, Menschen mit gerin-gem Einkommen oder mit Wohnberechtigungsschein schnellstmöglich eine menschenwürdige Unterkunft erhalten und von Rechtsradikalen nicht gegen Geflüchtete ausgespielt werden können. Deshalb wollen wir der neu gegründeten WBR mehr Geld für schnelleres Handeln zur Verfügung stellen.

Rottenburg wird in den nächsten Jahren durch den erfreulichen Geburtenanstieg und die Zuwanderung aus dem In- und Ausland stark wachsen. Dies liegt auch an der Aufnahme von Personen, die vor Krieg, Verfolgung und Hunger geflohen sind. Dafür ist Deutschland zumindest mitverantwortlich und fordert von uns, über das Motto des amerikanischen Biologen Rene Dubos „Global denken – lokal handeln“ neu nachzudenken. Anstatt unsere weltweit gelobte Willkommenskultur in eine inhumane und untaugliche Abschreckungspolitik umzuwandeln, sollten wir die Geflüchteten als große Chance begreifen, um eine moderne Gesellschaft mit Offenheit, Integration und Erneuerung zu entwickeln. In unserer Stadt gibt es viele engagierte Menschen, denen wir für ihr uneigennütziges Handeln an dieser Stelle ausdrücklich dan-ken möchten! Durch sie werden Nachhaltigkeit und Solidarität gelebte Wirklichkeit.

Für die innerstädtische Entwicklung wollen wir mit einer Klausurtagung eine umfassende Planung für den Verkehr und für die prekäre Parkraumsituation ermöglichen, die besonders auf Anwohner und Beschäftig-te Rücksicht nimmt. Denn das aktuelle Parkraumkonzept erhöht nicht nur die Parkgebühren um 100 Pro-zent und verlagert dabei lediglich die Parkraumnot auf andere Anwohnerbereiche, statt neuen Parkraum zu schaffen. Völlig ungeklärt sind in diesem Zusammenhang die künftigen Verkehrsprobleme an der Ost-tangente durch die neue B28, die Verkehrssituation am Eugen-Bolz-Platz und am Bahnhof, dem Ein-gangstor zu unserer Stadt, wo es bis heute keinerlei Konzept für Fußgänger, Parkverkehr und Busse gibt. Für uns gründet Nachhaltigkeit nicht zuletzt in der Mobilität durch einen ÖPNV und durch den massiven Ausbau der Bahninfrastruktur. Deshalb un¬terstützen wir alle Initiativen für bessere Bahnverbindungen von Ergenzingen nach Stuttgart sowie den Ausbau der Gäubahn. Wer wirklich etwas zur Verringerung des CO2-Ausstoßes und gegen den Diesels¬kandal tun will, muss zuallererst den Verkehr, besonders den Güterverkehr und die Berufspendler von der Straße auf die Schiene holen. Dies wird die Linke auch im Kreistag durch ihre Unterstützung für die Re¬gionalbahn tun.

Nachhaltigkeit bedeutet weiterhin, dass der zunächst forcierte Vorrang von Gewerbeansiedlung vor den elementaren Grundbedürfnissen der Menschen wie auf dem ehemaligen DHL-Gelände ein grundlegender Fehler war, den wir in der Zukunft nicht durch Vernichtung von schützenswertem Ackerland und Natur-erholung auf dem Galgenfeld wiederholen dürfen. Bei der überstürzten Ausweisung neuer Gewerbe-gebiete scheint der künftige Standort trotz nachgereichter „wissenschaftlicher“ Expertisen schon längst festzustehen. Dieses durchsichtige Spiel machen wir ebenso wenig mit wie die finanziellen Unwägbar-keiten bei etlichen Großbauvorhaben, sprich: Rathaus-Anbau. Hier sind wohl auch interne Fehler gemacht worden oder es fehlte einfach am kommunalen Fachpersonal, weil man im Perso¬nalbereich wegen der „Schwarzen Null“ sparen wollte. Mit dem Mantra „Keine Vermögenssteuer“ wur¬den milliardenschwerer Steuerbetrug und Verschiebung in Steueroasen begünstigt. Diese Milliarden fehlen jetzt bei uns vor allem bei Sozialem, Sicherheit und Infrastruktur. Für die Zukunft benötigen wir ausrei¬chend gutes Fachpersonal in der Kinderbetreuung, den öffentlichen Schulen, in der Verwaltung und bei der Polizei und eine Ausbildungsoffensive für diese Bereiche.

Herr Oberbürgermeister, werte Kolleginnen und Kollegen!

In der Kampagne des Dachverbandes Entwicklungspolitik für die Umsetzung der 17 Nachhaltigkeitsziele in Baden-Württemberg im Jahr 2018, die uns gerade in der Zehntscheuer auf dem Nachhaltigkeitsfestival vorgestellt wurde, steht der Kampf gegen Armut an erster Stelle. Rottenburg fit für die Zukunft zu ma-chen, heißt für uns vor allem die Erziehung und Ausbildung unserer Kinder zu verbessern. Das Erfolgs-modell Heilbronn mit zehn Jahren gebührenfreien Kitas sollte uns und dem OB ein Vorbild sein, um Rot-tenburg zu einer „sozialen Stadt“ zu machen. Vier Landesregierungen ersetzen ihren Kommunen mittler-weile die Gebührenausfälle für eine Regelbetreuung von 30 Wochenstunden. Obwohl unsere Landesregie-rung bereits im letzten Jahr einen Haushaltsüberschuss von 3,15 Mrd. Euro hatte und laut neuester No-vember-Steuerschätzung ein weiteres Plus von 1,5 Mrd. Euro in 2018/19 einnimmt, kürzt sie den Kom-munen für die nächsten drei Jahre 2,4 Milliarden Euro aus dem Finanzausgleich. Dies kritisiert der Ge-meindetag als „unberechtigte Entzüge seitens des Landes aus der kommunalen Finanzausgleichsmasse“. Für uns ist es ein absolutes Muss, allen Kindern unabhängig von ih¬rer sozialen oder ethnischen Herkunft einen guten Start auf ihrem Bildungsweg zu ermöglichen. In sei¬nem neuesten Finanzbericht geht der Gemeindetag von 1.570 neuen Kita-Gruppen für Baden-Württemberg in den nächsten Jahren aus, die entsprechend Räumlichkeiten und Personal benötigen. Um schädliche Ab¬werbungen wie jetzt zwischen Stuttgart und Reutlingen zu verhindern, ist es unerlässlich, überall mehr Perso¬nal praxisnah auszubilden und die Ausbilderinnen für diese wichtige Aufgabe zeitlich zu entlasten. Des¬halb fordern wir mehr PIA-Stellen. Allen Kindern eine gute Bildung zu ermöglichen, schließt selbst-verständlich Menschen mit Behinderung ein, sowohl beim Lehrpersonal wie bei den Lernenden. Wir sind gegen eine Verschiebung des Außenauf¬zugs am EBG auf den Sankt-Nimmerleins-Tag und fordern den Baubeginn zusammen mit einer Brand¬schutztreppe für 2018.

Unsere Stadt nachhaltig zu entwickeln und fit für die Zukunft zu machen, ist eine umfassende Aufgabe, für die uns keine Anstrengung und kein Euro zu viel sein sollten. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksam-keit!