Nachrichten aus dem Kreisverband

Für den Frieden in Kolumbien

- Paramilitarismus konsequent bekämpfen -

Sehr geehrte Damen und Herren,

wir erleben eine historische und hoffnungsvolle Zeit in Kolumbien, der längste interne bewaffnete Konflikt weltweit soll nach mehr als 50 Jahren beigelegt werden, die Waffen sollen schweigen.

Nach der Unterzeichnung eines bilateralen Waffenstillstandes zwischen der kolumbianischen Regierung und der Guerillaorganisation FARC-EP am 23. Juni 2016 in Havanna bereitet sich die kolumbianische Gesellschaft auf die Phase der Waffenniederlegung vor.

Der Humus für einen nachhaltigen Frieden ist die kolumbianische Zivilgesellschaft. Aber trotz der Fortschritte bei den Friedensverhandlungen in Havanna, die erst durch die Unterstützung der Regierungen der Republik Kubas und Norwegen als Garanten möglich geworden sind, häufen sich jedoch Übergriffe gegen MenschenrechtsverteidigerInnen, Gewerkschaftern sowie Landrechts-, Friedens- und UmweltaktivistInnen. Es sind vor allem paramilitärische Gruppen, die soziale Bewegungen, Menschenrechtsaktivisten und Kleinbauern terrorisieren. Seit Beginn der Friedensverhandlungen gab es 1.868 Übergriffe jeglicher Art, wie versuchter Mord, telefonische und schriftliche Todesdrohungen, illegale geheimdienstliche Beschattung, in der gleichen Zeit wurden zudem 287 Menschen ermordet. Allein für 2015 sind 682 Übergriffe und 63 Morde registriert worden.

Die Zunahme der paramilitärischen Aktivitäten durch Gruppierungen wie Los Urabeños, Aguilas Negras, Clan Usuga gefährden das Leben der Kolumbianer/innen und eine friedliche Entwicklung nach der Unterzeichnung eines Friedensabkommens in Kolumbien.

Der Paramilitarismus ist ein nach wie vor integraler Bestandteil des Staates und dient der Durchsetzung eines neoliberalen Wirtschaftsmodells. So spielen paramilitärische Gruppen bei der illegalen Aneignung von Land und Vertreibung von Kleinbauern für große Agrarunternehmen eine entscheidende Rolle. Ebenso bei der Verfolgung und Ermordung von Gewerkschaftern, wodurch der Kampf um Arbeitnehmer/innenrechte massiv geschwächt wird. Durch den Einsatz von sexualisierter Gewalt gegen Frauen und brutalem Terror, wie zum Beispiel in den sogenannten „casas de pique“ in Buenaventura, sollen ganze Regionen ihrem Einfluss unterworfen werden.

Nach wie vor sind Teile der politischen und wirtschaftlichen Eliten in Kolumbien in paramilitärische Strukturen verstrickt, die aufgedeckt und zerschlagen werden müssen, um zu einem nachhaltigen und gerechten Frieden in Kolumbien beizutragen. Nach den Wahlen zum kolumbianischen Senat 2010 waren nach Angaben von Beobachtern 25 der 102 Senatoren direkt in den Paramilitarismus verstrickt, heute wird der Partei Centro Democrático des ehemaligen Präsidenten und jetzigen Senators Álvaro Uribe u. a. Wahlkampffinanzierung aus paramilitärischen Quellen vorgeworfen.

Wenn der Friedensschluß in Kolumbien nachhaltig umgesetzt werden soll, muss der erstarkende Paramilitarismus konsequent bekämpft werden, dafür muss die Bundesregierung ihren Druck auf die kolumbianische Regierung erhöhen! 97% Straflosigkeit sind inakzeptabel! Auch deutsche Unternehmen, die Geschäfte machen mit Unternehmen in Kolumbien, die Paramilitärs finanzieren, z.B. im Bereich des Steinkohleabbaus, müssen zur Verantwortung gezogen werden. Wir fordern auch Menschenrechtsstandards in das EU-Abkommen mit Kolumbien aufzunehmen, die Sanktionen ermöglichen bei gravierenden Menschenrechtsverletzungen.

Die Sicherheitsgarantien für alle, die in Kolumbien politisch aktiv werden wollen, müssen ernsthaft und nachhaltig umgesetzt werden. Es kann nicht sein, dass jede/r, der/die für soziale Gerechtigkeit in Kolumbien kämpft, sofort Todesdrohungen erhält. Dies betrifft auch die zukünftigen politischen Akteure der demobilisierten FARC. Zu tief sitzen die Erinnerungen an den Genozid an der linken Partei Union Patriotica, die faktisch durch die Ermordung tausender Mitglieder ausgelöscht wurde. Ebenso erging es den ehemaligen Kämpfern der Guerilla M-19, viele von ihnen wurden später ermordet.

Auch der Staat seinerseits kriminalisiert durch Strafanzeigen und strafrechtliche Verfahren, auf Grundlage zweifelhafter Beweise und Zeugen, MenschenrechtsverteidigerInnen, Menschenrechtsorganisationen und linke, oppositionelle PolitikerInnen. Die bekanntesten Fälle betreffen die Politiker Piedad Córdoba und Iván Cepeda Castro, den Soziologen Miguel Ángel Beltrán, den Menschenrechtsverteidiger David Rabelo, den Gewerkschafter Hubert Ballesteros und Feliciano Valencia, Kämpfer für die indigene Rechte. Diese politisch motivierten Verfahren müssen eingestellt und Verurteilungen neu untersucht werden.

Die Bundesregierung kann mit der finanziellen Unterstützung von Friedensorganisationen die Zivilgesellschaft stärken. Es gibt viele gute Initiativen, die Friedens- und Widerstandsgemeinden, eine Friedensuniversität von Justicia y Paz und eine unabhängige Kommission zu Überwachung der Nichtwiederholung von Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Die Friedensorganisationen müssen auf alle Fälle in die Projektplanungen einbezogen werden.

Im Rahmen der EZ muss aber auch ausgeschlossen werden, dass die geplante wirtschaftliche Entwicklung der ehemaligen Konfliktregionen zu neuen Konflikten bei Landbesitz und Rohstoffabbau führt.

Für eine friedliche Entwicklung in Kolumbien ist es notwendig, dass ein Polizeigesetz für Friedenszeiten verabschiedet wird und nicht wie gerade, ein Gesetz mit Sondervollmachten für Festnahmen und Hausdurchsuchungen ohne Gerichtsbeschluß im Kongress verabschiedet wird.

Die Militärdoktrin der Nationalen Sicherheit in Kolumbien muss ad acta gelegt werden und die Zahl der über 500 000 SoldatInnen muss deutlich reduziert werden. Von der Einbindung in die GSVP- Missionen der EU wie Atalanta oder EUAM in der Ukraine und der Kooperationsvereinbarung mit der NATO halten wir nichts, das ist nicht für den Frieden förderlich und muss beendet werden.

Noch ein Wort zum Antrag der Bundesregierung und der Grünen: sehr gerne hätten wir an diesem gemeinsamen Antrag mitgearbeitet, die Fraktion Die Linke war nicht gefragt worden, diese Politik der Ausgrenzung ist kurzsichtig und kontraproduktiv, trotzdem werden wir den Antrag unterstützen, um ein gemeinsames Zeichen nach Kolumbien zu schicken: Frieden ist möglich!

(Rede zu Protokoll)