Nachrichten aus dem Kreisverband

Fluchtursachen bekämpfen - Rüstungsexporte beenden!

Wir Linke sehen es als Auftrag dieser Demonstration, Bundeswehreinsätze und Rüstungsexporte auch im Rahmen des Landtagswahlkampfes zu thematisieren. Im Syrienkrieg sind inzwischen 300.000 Menschen ums Leben gekommen. Wir haben über 10 Millionen Flüchtlinge und Binnenvertriebene. Das Land ist zerbombt – die Infrastruktur zerstört. Die Menschen flüchten nach Europa.

Das erklärte Ziel des Westens war es, das Assad-Regime unter Instrumentalisierung verschiedener Bürgerkriegsbeteiligter zu beseitigen. Das ist militärisch gründlich gescheitert. Profiteuer des Konflikts sind allein die islamistischen Milizen, der Islamische Staat. Deren Einfluss ist in der ganzen Region gewachsen, Wir wissen: Der IS kämpft mit deutschen Waffen!

Am vergangenen Wochenende meldeten Nachrichtenagenturen, dass der IS hunderte Zivilisten im syrischen Bürgerkrieg grausam hingerichtet und weitere hunderte verschleppt haben soll. Im Irak starben einem UN-Bericht zufolge seit 2014 18.000 Zivilisten, 3.500 Menschen sollen seitdem vom IS versklavt worden sein. Nach Analysen von Amnesty International ist zu vermuten, dass dieser entsetzliche Terror auch mit deutschen Waffen verübt wird.

Die Völkerrechtslage in diesem Krieg ist eindeutig. Wir haben keine Mandatierung der Vereinten Nationen für das militärische Eingreifen ausländischer Staaten in Syrien. Eine solche völkerrechtliche Mandatierung mit einheitlichem Auftrag, wie sie nach Kapitel VII der UN-Charta möglich wäre, - ist nicht irgendwie vergessen worden. Sie war nicht gewollt. Vor allem die USA wollen dort ohne UN-Mandat militärisch eingreifen. Ein Mandat unter UN-Hoheit sähe eine UN-Aufsicht und klare völkerrechtliche Auflagen und Beschränkungen vor, z.B. wirtschaftlichen Total-Boykott des IS.

Was wir derzeit haben, ist eine einvernehmliche Resolution des UN-Sicherheitsrates, die einen Friedensprozess einleiten soll, unter Beteiligung aller im Krieg engagierten Staaten, also der Nato-Länder u.a. USA und Türkei, Saudi-Arabiens, des Irans, der Assad-Regierung in Syrien und Teilen der Opposition.

Diese Resolution ist ein Fortschritt, weil sie Gespräche aller beteiligten Mächte vorsieht, auch Russland, Iran und Saudi-Arabien über eine friedliche Lösung des Konfliktes. Das ist aber nur die eine Seite. Die Bundesregierung tut nun so, als sei dieser Beschluss quasi ein militärisches Mandat der Völkergemeinschaft und sieht ihr militärisches handeln damit gerechtfertigt, völlig nach dem Prinzip Legal-Illegal-scheißegal. Die Resolution deckt die militärische Selbstmandatierung eben nicht ab. Sie billigt auch nicht eine militärische Intervention unterschiedlicher Mächte mit unterschiedlichen Interessen und Absichten, wie das derzeit stattfindet. Alles unter der Überschrift Terrorbekämpfung.

Es besteht somit die latente Gefahr, dass diese Mächte, die sich zwar auf ein paralleles Eingreifen - aber nicht auf gemeinsame militärische Ziele einigen konnten, diesen Krieg noch weiter eskalieren, was letztlich dem IS nicht schadet sondern das Land weiter vernichtet. Bislang ist das mit diplomatischer Begleitung noch gutgegangen. Aber der gezielte Abschuss eines russischen Flugzeugs durch die Türkei zeigt uns, wie gefährlich das Thema für den Erhalt des Weltfriedens ist.

Der Chef der Münchener Sicherheitskonferenz Wolfgang Ischinger hat darauf hingewiesen, Zitat: dieser Flugzeugabschuss hätte leicht zur sicherheitspolitischen Großkatastrophe führen können, - und was sicherheitspolitische Großkatastrophe in diesen Wochen heißt, sagt uns der US-amerikanische Außenminister Perry, er spricht von der neuen Gefahr eines nuklearen Konfliktes.

Die Bundesregierung will dennoch dabei sein. Die Bundeswehr hat für die AWACS-Aufklärung über dem Irak und Syrien weder ein völkerrechtliches Mandat noch bislang ein Parlamentsmandat. Und ich möchte darauf hinweisen: Die AWACS Aufklärungsflugzeuge sind nicht irgendwelche friedfertigen Sightseeing-Flieger, sie sind mobile Einsatzzentralen um Bombenziele zu bestimmen.

Wir rufen deshalb die Verteidigungsministerin auf, diesen gesamten Militäreinsatz sofort zu beenden. Fest steht, dass der IS im Besitz deutscher Waffen ist: von Amnesty veröffentlichte Fotoaufnahmen zeigen verschiedene Waffentypen, unter anderem das G36, das Standardgewehr der Bundeswehr. Das ist ein politischer Skandal ersten Ranges. Dafür gibt es viele Verantwortliche einer unverantwortlichen Rüstungspolitik der letzten Bundesregierungen.

Der jetzige zuständige Minister heißt Sigmar Gabriel. "Ich möchte nicht, dass deutsche UN-Soldaten irgendwann unseren eigenen Kleinwaffen in den Händen von Terroristen oder autoritären Regimen gegenüberstehen.", sagte Gabriel im Mai 2014 und versprach eine restriktivere Ausfuhrpolitik. Dafür wollte er den Export von Kleinwaffen (Gewehre, Pistolen etc.) die er selbst als "Bürgerkriegswaffen" bezeichnete, deutlich einschränken und generell die Lieferung an Drittstaaten (weder EU noch NATO) runterfahren.

Gehen die Lieferungen nach Saudi-Arabien zurück? Nein, im Gegenteil. Nach Medienberichten stiegen die Ausfuhren 2015 noch einmal um 60 Millionen auf 268 Millionen Euro im Vergleich zu 2014. Es wird ein Regime beliefert, das Krieg im Jemen führt, Opposition und Frauen brutal unterdrückt, Menschen IS-ähnlich hinrichtet. In den eigenen Richtlinien der Bundesregierung heißt es: Zitat „Der Beachtung der Menschenrechte im Bestimmungs- und Endverbleibsland wird bei den Entscheidungen über Exporte von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern besonderes Gewicht beigemessen.“

Wenn Gabriel sein Wort halten würde, müsste er alle Lieferungen nach Saudi-Arabien – Verträge hin oder her – sofort stoppen. Es ist aber nicht nur Saudi-Arabien, der gesamte Nahe Osten wird aus Deutschland beliefert: zum Beispiel gehen Kampfpanzer nach Katar, Maschinenpistolen und Gewehre an die Vereinigten Arabischen Emirate. Beide Staaten beteiligen sich erwiesenermaßen am Krieg im Jemen. Auch hier missachtet Gabriel die Richtlinien, die Lieferungen in den Krieg untersagen.

Und im November wurde der Export von 1.600 Sturmgewehren von Heckler & Koch – jene Kleinwaffen, die Gabriel stoppen wollte – an den Oman genehmigt. Oman ist eine lupenreine Diktatur und niemand kann ausschließen, dass der Oman diese Gewehre ans Nachbarland Saudi-Arabien weiterreicht?

Der Hintergrund ist: Die Lizenzfabrik von Heckler & Koch in Saudi-Arabien, in der das Land seit 2008 völlig ohne Kontrolle selbst G3- und G36-Gewehre produzieren kann, erhält derzeit wichtige Bauteile aus Deutschland nicht. Das musste Gabriel aufgrund des öffentlichen Drucks stoppen, Heckler & Koch klagt dagegen. Die Vermutung, dass Saudi-Arabien Sturmgewehre nun aus anderen Golfstaaten bezieht, ist keine Verschwörungstheorie.

Es reicht, es muss endlich Schluss sein mit dieser Rüstungspolitik. Wir brauchen eine Abrüstungswende. Hinzukommen muss dringend ein generelles Verbot aller Exporte von Waffenfabriken und Kleinwaffen, mit denen die meisten Menschen in den Kriegen dieser Welt getötet werden. Das sind die ersten Schritte, die Gabriel jetzt machen muss.

Solange die Bundesregierung über ein generelles Verbot von Rüstungsexporten nicht reden will, sollte sie auch über die Bekämpfung der Fluchtursachen schweigen.