Nachrichten aus dem Kreisverband

Fakten über Gmelin seit 2005 bekannt

KV TübingenRedeGemeinderat

Gerlinde Strasdeit, Linke-Fraktion

zum Thema Ehrenbürgerschaft Gmelin am 5.3.2018 im Gemeinderat

Die wissenschaftlichen Ergebnisse von Krawinkel und Conze liegen nun detailliert vor und sind eindeutig. Dafür Danke. Es ist gut, dass es diese wissenschaftliche Arbeit gibt.

Ich möchte aber schon darauf hinweisen, dass es peinlich ist, dass sich der Gemeinderat erst jetzt und nicht schon früher durchringen konnte, die Ehrenbürgerschaft abzuerkennen.

Die zentralen Fakten über Hans Gmelin als Täter waren spätestens seit 2005 dem Gemeinderat bekannt. Er stand auf der Liste der Täter des Holocaust.

Alles was für eine politische Beurteilung notwendig ist, war schon früher bekannt, so die Tatsache, dass Hans Gmelin beteiligt und mitverantwortlich war für die Deportation von 57.000 Jüdinnen und Juden aus der Slowakei.

Bei der Aberkennung der Ehrenbürgerwürde geht es auch nicht um „nachträgliche Ketzerverbrennung“ oder um Beschmutzung des Andenkens.

Nein, bei der Aberkennung der Ehrenbürgerwürde geht es geht schlicht darum, jahrzehntelanges Verdrängen und Vergessen nach 1945 in Tübingen zu korrigieren und damit eine Fehlentscheidung zu korrigieren.

Die Fälle Scheef und Haering 5 Jahre vorzuziehen war aus unserer Sicht nicht richtig, im Vergleich zu Gmelin waren sie kleine Lichter und der Forschungsstand bei Scheef war dürftig.

Deshalb möchte ich die Gelegenheit nutzen und mich auch bei denen bedanken, die vor Ort in Tübingen bei der Angelegenheit seit Jahren nicht lockergelassen haben, die journalistische Arbeit und Recherchearbeit geleistet haben.

Namentlich möchte ich hier nennen: Hans-Joachim Lang, Manfred Hantke, Anton Brenner und Jens Rüggeberg.

Ob Hans Gmelin nach 1945 Demokrat geworden ist, weiß ich nicht. Ich habe Zweifel.

Was wir wissen ist: er hat zu keinem Zeitpunkt bereut. Was wir auch wissen ist: Seit 1964 war Gmelin Vorsitzender des Kameradenhilfswerks der 78. Infanterie -und Sturmdivision und bis zu seinem Tode dessen Ehrenvorsitzender. Bei den Helden – und Gedenkveranstaltungen, die unter Gmelins Regentschaft im Tübingen der 60er und 70er Jahre stattfanden, wurde in vielen Veranstaltungen und mit Kundgebungen den toten und vermissten Soldaten der Division gedacht. Aber nie wurde bei diesen Veranstaltungen an die Opfer der schrecklichen Kriegsverbrechen gegen die Zivilbevölkerung erinnert, die diese Division bei ihrem Einsatz in der Sowjetunion begangen hat, insbesondere beim „Rückzug der verbrannten Erde“.

Und noch ein letzter Aspekt ist mir wichtig:

Wir sollten uns jetzt und zukünftig mehr darum kümmern, die Menschen aus Tübingen posthum zu ehren, die Widerstand geleistet haben gegen die Herrschaft des Nationalsozialismus.

Wir begrüßen, dass es nun zu einem interfraktionellen Antrag gekommen ist und dass die Aberkennung der Ehrenbürgerwürde von allen Seiten des Gemeinderats getragen wird.

Zugunsten des interfraktionellen Antrags haben wir unseren Antrag zurückgezogen.