Nachrichten aus dem Kreisverband

Europa ist keine Insel

Die Regierungen der EU-Mitgliedsstaaten, die ja fast alle auch NATO-Mitgliedsstaaten sind, sehen sich mit den Folgen ihrer eigenen Politik konfrontiert. Dazu gehören zu allererst Kriege für wirtschaftlichen Interessen und militärische Interventionen in Ländern mit unliebsamen Regierungen. Dazu kommt die ungerechte Verteilung des Reichtums auf unserem Planeten.

Es war absehbar, dass Europa nicht auf Dauer eine Insel des Wohlstands in einem Meer von Elend bleiben kann. Die Flüchtlinge zwingen zu einem Umdenken. Wir leben momentan im Ausnahmezustand, der sicher noch eine Weile andauernd wird. Einfache Antworten gibt es nicht. Aber eines muss klar sein: Man muss der Stimmungsmache gegen Flüchtlinge und zunehmenden rechtsradikalen Angriffen entgegentreten und sie konsequent strafrechtlich verfolgen. Und anstatt sich über die Flüchtlinge aufzuregen, sollte sich der Unmut gegen die Politik der großen Koalition richten.

Erstens ist eine soziale Umverteilung für die Bundesregierung nach wie vor tabu. Keine Vermögenssteuer, keine Reichensteuer, keine Anhebung der Erbschaftssteuer, nichts! Stattdessen wird dauernd über begrenzte Ressourcen schwadroniert, auch in Tübingen. Dabei könnten von einem staatlichen Konjunkturprogramm für Wohnungsbau, für mehr Personal in Schulen, Krankenhäusern und Behörden alle profitieren. Dies würde die Engpässe in den Kommunen deutlich entspannen.

Zweitens gehen Rüstungsexporte weiter wie immer, die Handelspolitik der EU, Rohstoffausbeutung und der westliche Lebensstil werden nicht hinterfragt. Stattdessen beschäftigt sich die Bundesregierung nur noch damit, wie man die Fluchtoptionen von Menschen bekämpfen kann. Militärisch im Mittelmeer, mit Transitzonen an den Grenzen und nun auch, besonders perfide, mit der Instrumentalisierung von Entwicklungszusammenarbeit. Nach dem Motto „Mehr ist mehr“ sollen nur die afrikanischen Länder mehr Geld erhalten, die bereit sind, Rücknahmeabkommen zu schließen und Auffanglager einzurichten.

Also kein Umdenken bei der Bundesregierung, sondern immer mehr vom selben, das wird Menschen nicht aufhalten zu fliehen. Letzte Woche habe ich die Flüchtlinge in der Tübinger Kreissporthalle besucht, alles Menschen mit Träumen und Hoffnungen und individuellen Fluchtgründen. Könnten sie hier bleiben und arbeiten, müssten sie nicht in dieser Halle ohne Perspektive aufwendig versorgt werden!