Nachrichten aus dem Kreisverband

Doch auf der Tafel

PositionKV TübingenAktiv vor Ort

Auf der Gedenktafel im Tübinger Rathaus stehen die Namen von sieben Stadträten, denen die Nationalsozialisten ihr Amt geraubt hatten. Zu berichtigen ist, dass kein späteres NSDAP Mitglied auf der Tafel steht: Otto Koch (SPD) trat 1937 der Partei bei.

Ganz so einmütig zustande gekommen war der Text auf der Gedenktafel nicht.

Vor 10 Jahren schon forderten meine damaligen Gemeinderatskollegen Anton Brenner und Bernd Melchert, die Naziverstrickungen der Tübinger Ehrenbürger und die Vertreibung der Tübinger Stadträte 1933 aufzuarbeiten. Uns war wichtig, den falschen Eindruck zu widerlegen, es habe sich niemand einer Verstrickung in die Naziherrschaft entziehen können. Auch in Tübingen gab es Menschen, die Widerstand geleistet haben oder zumindest standhaft nicht mitmachten. Sie wurden bisher bei Ehrungen vergessen.

Unser Antrag wurde in eine Kommission des Erinnerns verwiesen. Otto Koch steht nun doch auf der Tafel. Er verlor 1933 als SPD-Mitglied sein Gemeinderatsmandat, wurde aber im Jahr 1937 Mitglied der NSDAP. In diesem Jahr wurde der Aufnahmestopp in der NSDAP aufgehoben. Und im Zuge der Kriegsvorbereitungen wurden ehemalige Nazigegner geworben.

Wir hatten deshalb beim Beschluss im Jahr 2013 Bedenken gegen diese Ehrung vorgebracht. Wir wollten die Tatsachen auf der Gedenktafel kenntlichmachen. Sonst kann man dem Gemeinderat Fälschung und Geschichtsklitterung vorwerfen. Gerade die Gewinnung des bekannten Gewerkschafters Otto Koch, der 1944 als NSDAP Mitglied verstarb, war ein Propagandaerfolg für die Nazis. Solchen Widersprüchlichkeiten sollten wir uns heute stellen, im bürgerlichen und im linken Lager. Otto Koch sollte nicht positiver beschrieben werden als der ehemalige Oberbürgermeister Scheef, von dem uns nicht bekannt ist, dass er jemals der NSDAP beitrat.

Gerlinde Strasdeit, Stadträtin Tübinger Linke