Nachrichten aus dem Kreisverband

Quadratur der Krise

Margrit Paal, Kreistagsfraktionsvorsitzende
KV TübingenPosition

Während die Inzidenz in aller Munde ist, werden andere Zahlen nicht erwähnt: die monatlichen Mieten. Obwohl sinkende Durchschnittslöhne, fehlende Einnahmen und gleichzeitig weiter steigende Mieten eine Belastung sowohl von Gewerbetreibenden, als auch von Bürgerinnen und Bürgern in der Pandemie sind.

Für Mietschulden dürfen von Vermietern Zinsen verlangt werden, und weder ein verbindlicher Kündigungsschutz, noch ein gesetzlicher Anspruch auf Mietsenkungen ist bisher für das Gewerbe beschlossen worden. Kleinen Läden, Betrieben, Clubs und der Gastronomie fällt es schwer, den Lockdown so zu überstehen.

Sowohl Kurzarbeitergeld, Kinderkrankengeld als auch Entschädigungen nach dem Infektionsschutzgesetz sind kein vollwertiger Lohnersatz. Die volle Miete bleibt erhalten und leert den Geldbeutel derer, die kein Eigentum besitzen. Zwar steht noch nicht fest, wer zukünftig die Schulden für die „Rettungsschirme“ finanziert, doch Mieterinnen und Mieter zahlen bereits monatlich ab.

Die vorhandene Krise auf dem Wohnungsmarkt wird sich „nach Corona“ nicht von selbst erledigen. Es braucht entschlossene, weitsichtige und schnell wirksame Maßnahmen – das Baukindergeld und die geplante Sonderabschreibung allein werden es nicht richten. Der Anteil öffentlichen, genossenschaftlichen und gemeinwohlorientierten sowie preisgünstigem Wohnraums muss durch Förderprogramme erhöht werden. In Tübingen haben 40 % der Haushalte Anspruch auf einen Wohnberechtigungsschein, doch die Wohnungen dafür fehlen.

Längst nicht alle haben ein Dach über dem Kopf. Im Landkreis steigt die Anzahl der Obdachlosen, in den Statistiken kommen sie aber nicht vor. Daher hat die Tübinger Linke im Kreistag erwirkt, dass die Verwaltung einen Bericht dazu erstellt. In Zeiten der Pandemie ist die Unterbringung schwierig: sie erfolgt meist in Mehrbettzimmern. Küche und Bad werden gemeinsam genutzt. Eine Einhaltung der Abstandsregeln ist auch bei geringerer Belegung unmöglich.

Einige Wohnprojekte fordern in einem offenen Brief die Unterbringung in Ersatzunterkünften wie Hotels, Pensionen oder leeren Wohnungen. Die gestiegenen Mehrbedarfe sind zu erstatten und Schnelltests sind zur Verfügung zu stellen, um die Obdachlosen gesund unterzubringen.

Um all diesen Herausforderungen gerecht zu werden, braucht es schnelle und große Schritte – ein Trippeln in die richtige Richtung reicht nicht aus!